WiYou . Wirtschaft und Du . Ausgabe 1­2013
Foto: privat, Text: Johanna Müller
Dein Engagement
30
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Juniorredakteurin und Neu­Studentin Johanna
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hat den Schritt in die Welt gewagt:
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Vom beschaulichen Thüringen zog sie in die
aufregende Metropole Berlin. Zwischen
Unialltag und „neuem“ Leben hat sie sich nun
ein bisschen Zeit genommen, um sich über ein
Thema, das gerade „Nestflüchtlinge“ wie sie
selbst betrifft, Gedanken zu machen:
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Vom Netzwerken
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oder was damit gemeint ist
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Die erste eigene Wohnung
, ein Umzug für die
Ausbildung oder das Studium, vielleicht sogar
ein längerer Auslandsaufenthalt – all diesen
Anfängen geht ein Ende voraus. Wir verlassen
etwas und lassen zurück, was uns vertraut
geworden ist. Nicht nur Orte und Institutionen,
auch Menschen. Aber verlassen wir unser
soziales Netzwerk, wenn wir umziehen? Und
wer ist überhaupt Teil dieser ominösen Struktur,
die uns angeblich alle umgibt?
Das erste soziale Umfeld
, welches wir erleben,
setzt sich aus der Familie und den Schulfreun­
den zusammen. Es ist unabdingbar, und doch
verlassen wir es. Sind wir schließlich angekom­
men in der neuen Heimat, bleiben wir nicht
lange allein. Es geschieht etwas Wunderbares.
Wir lernen neue Menschen kennen, mit denen
wir Zeit verbringen, am ehesten wohl die Mit­
bewohner oder die Nachbarn aus dem Wohn­
heim. Ein neuer Tagesablauf entwickelt sich, in
dem Platz für neue, ewig geträumte Hobbys ist.
Ein neuer Sport, ein Musikinstrument oder Chor.
Unser Netzwerk erneuert sich nicht nur, es
erweitert sich zusehends. Denn obwohl die
alten Schulfreunde in einer anderen Stadt
wohnen, wenn es gute Freunde sind, sehen wir
sie vor dem ersten Klassentreffen. Wir rufen an,
erkundigen uns, und man hält sich gegenseitig
auf dem Laufenden. Dabei darf man nicht außer
Acht lassen, dass das Umfeld, was uns Raum zur
Entfaltung bietet, indem wir streitbare Aussagen
machen können, wo wir weinen und lachen,
aufmunternde Worte hören, nicht nur über
digitale Wege erhalten bleibt. Es ist für den
Menschen notwendig diese sozialen Kontakte
reell zu unterhalten – sehen, wahrnehmen und
(miteinander) fühlen. Meist gehört bleibt die
Familie lange Zeit Bestandteil dieser Gruppe,
aber die Struktur muss nicht ewig die gleiche
bleiben.
Unser Netzwerk ist schließlich
noch weitaus
größer als Freunde und ehemalige Freunde. Eine
nicht zu unterschätzende Gruppe sind zum
Beispiel die Freunde der Freunde. Wir kennen
sie aus Erzählungen, vielleicht haben wir sie
einmal kurz auf einer Feier gesehen. Wir kennen
sie nicht, wir wissen, dass es sie gibt und wir
teilen mindestens ein Interesse miteinander,
den Freund. Aus diesem schier unendlichen
Netz an Menschen können uns Gedanken,
Bücher oder auch Praktika zugetragen werden.
Vielleicht hat jemand auch eine schöne Woh­
nung zu vergeben oder ein Bücherregal. Diese
Weiten sind tatsächlich schwer einzuschätzen,
da jeder Mensch Zentrum seines eigenen
Netzwerkes ist, das sich weiterverzweigt.
Eine dritte Gruppe von Menschen
, die unser
soziales Netzwerk ausmacht, ist die derer, mit
denen wir bereits vertrauensvoll zusammen­
gearbeitet haben. Diese Menschen schätzen
uns, weil sie unsere Fähigkeiten kennen. Sie
können uns einschätzen und Empfehlungen für
oder über uns aussprechen. Dieser Teil des
eigenen sozialen Netzwerkes ist vor allem für
berufliche Weiterentwicklung unabdingbar und
von großem Wert. Was allerdings nicht bedeu­
tet, dass jeder mit dem wir einmal gearbeitet
haben auch von uns überzeugt sein muss. Um
aber in Erinnerung zu bleiben, wenn wir das
Gefühl hatten, eine gute und produktive Zeit
miteinander verbracht zu haben, ist die Idee am
Ende eines Kalenderjahres all jenen beispiels­
weise eine Weihnachtspostkarte oder ­email zu
schreiben. Dies ist nur einer der Vorschläge, wie
zum Beispiel auch Lynda Gratton in ihrem Buch
„Job Future Future Jobs“, das ich gerade lese,
beschreibt. Man hinterlässt einen Eindruck in
der Arbeit und darüber hinaus. Diese und die
anderen thematisierten Gruppen von Menschen
sind somit Teil des viel besprochenen sozialen
Netzwerke. Wir alle besitzen es, auch ohne
Internetcommunitys anzugehören. Nur pflegen
müssen wir unsere Kontakte trotz aller Hilfs­
mittel eigenhändig, gerade darin liegt aber der
Schlüssel zum persönlichen und beruflichen
Glück, im Zwischenmenschlichen, das am
meisten von uns selbst abhängt.
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