WiYou . Wirtschaft und Du . Ausgabe 1­2013
WiYou.Sport.Block
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will. Bei mir war es erst die Sportgruppe, dann die Fördergruppe, dann das
Sportgymnasium, die Junioren­Nationalmannschaft, die A­Nationalmann­
schaft und schließlich die eigenen Titel. Immer wenn ich etwas erreicht habe,
habe ich gesehen, es geht noch weiter. Und als aktiver Leistungssportler ist
man wohl nie am Ziel, jeder neue Wettkampf ist eine neue Herausforderung,
ganz nach dem Motto: Danach ist davor.“
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Denkst du, das hätte auch ohne den Weg auf das Sportgymnasium
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funktioniert?
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„Nicht so, wie die Schulen jetzt aufgebaut sind. Schüler, Lehrer und Schullei­
tung müssen da zusammenarbeiten. Ich hatte in der elften und zwölften
Klasse durch den Sport 168 Fehltage. Das habe ich in den Ferien und am Wo­
chenende durch Einzelunterricht ausgleichen können. Das funktioniert an ei­
ner normalen Schule sicher nicht so gut. Ich wollte gar nicht von Anfang an
Abi machen, aber als ich dann einmal dabei war, wollte ich es auch durchzie­
hen, und zwar möglichst gut. Ich wollte meinen Lehrern, die so viel Zeit inves­
tiert hatten, zeigen, dass es sich gelohnt hat, und mir selbst, für später natür­
lich, möglichst viele Türen offen lassen.“
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Und durch welche Tür bist du schließlich gegangen?
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„Ich wusste durch den Unfall meines Vaters immer, wie schnell es mit dem
Sport vorbei sein kann, deshalb wollte ich auch gleich eine Ausbildung begin­
nen. Das wiederum ist neben dem Spitzensport mit einer normalen Ausbil­
dung kaummachbar. Man hat aber die Möglichkeit, zur Bundes­ oder Landes­
polizei, zum Zoll oder auch zur Bundeswehr zu gehen. Ich habe mich für die
Bundespolizei entschieden und bin jetzt Polizeimeisteranwärter an der Bun­
despolizeisportschule Bad Endorf.“
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Wie kriegst du Ausbildung und Leistungssport unter einen Hut,
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oder eher unter einen Helm?
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„Da ist alles auf unsere Sportlaufbahn zugeschnitten. Wir lernen dasselbe und
machen die gleichen Prüfungen wie alle anderen. Die Ausbildung dauert nor­
mal zweieinhalb Jahre, die wurden bei uns gekürzt auf eineinhalb Jahre und
dann auf einen Zeitraum von vier Jahren gestreckt. Das heißt im Jahr vier
Monate Ausbildung mit Theorie und Praxis im richtigen Vollzugsdienst,
Training und Lernen und dann im Winter Wettkampfsaison. Das Jahr ist so
ganz schön vollgepackt, da hat man nicht viel Zeit für sich selbst. Aber ich bin
jetzt im letzten Jahr und im September fertig.
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Und dann tauschst du Sportgerät gegen Streifenwagen?
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„Dann bin ich zwar bei der Polizei an­, aber vom Dienst freigestellt.
Ich muss regelmäßig alles Notwendige auffrischen, so dass ich jeder­
zeit in den Polizeidienst einsteigen kann. Aber sonst stehen Training
und Wettkämpfe im Vordergrund.“
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Kannst du dir denn überhaupt vorstellen, irgendwann
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dann wirklich als Polizist zu arbeiten?
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„Das weiß ich ehrlich gesagt nicht. Das, was ich bis jetzt kennengelernt
habe, hat mir schon viel Spaß gemacht, aber es war eben auch immer
nur ein kurzes Reinschnuppern, und ich will vielleicht doch noch etwas
anderes.“
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Wikipedia hat uns verraten: Du bist dort nicht nur als
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Sportler, sondern auch als Musiker und Jungautor geführt.
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„Ich habe neben dem Sport immer den großen Traum der Musik. Da
gibt es schon noch Karriereträume. Ich spiele leidenschaftlich Gitarre,
schreibe Songs und Gedichte und arbeitete an einem Buchmanuskript.“
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Und das machst du, während du den Eiskanal hinabsaust?
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„Nein. Aber zum Beispiel, wenn ich auf den Start warte. Es gibt immer
mal Leerlauf, im Hotel, im Flieger, ich guck dann halt keinen Film, son­
dern mache Musik oder schreibe. Ich habe auch schon kleine Konzerte
gegeben. Und manchmal kann man beides super miteinander verbinden: Ich
habe mit meiner damaligen Band an der Ausschreibung für den Titelsong zur
Rodelweltmeisterschaft zuhause in Oberhof teilgenommen.
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Und gewonnen?
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„Ja, das war natürlich schon sehr cool. Wir waren eine Schülerband und hat­
ten uns gegen professionelle Musiker durchsetzen müssen, ohne Geld, ohne
Studio. Das war harte Arbeit. Aber dann auch ein irre gutes Gefühl, unseren
Song ‚Adrenalin‘ über die Lautsprecher an der Bahn oder bei der Berichter­
stattung im Fernsehen zu hören.“
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Wo schießt dir denn mehr Adrenalin durch die Adern? Auf der Bühne
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vorm jubelnden Publikum oder bei der Medaillenübergabe
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auf dem Siegerpodest?
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„Das ist beides wahnsinnig schön, aber auch sehr unterschiedlich. Bei der
Siegerehrung auf dem Podest hat man nicht viel Zeit. Man versucht, so viel
wie möglich von dem, was gerade passiert, in sich aufzunehmen und zu be­
wahren. Auf der Bühne dagegen kann man das mehr genießen, das ist weniger
explosiv, eher ein tragendes Gefühl. Verzichten wollen würde ich aber auf kei­
nes von beiden.“
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Verrätst du zum Schluss noch dein Erfolgsgeheimnis?
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„Es fällt einem nichts in den Schoß, die wenigsten großen Dinge sind Selbst­
läufer, man muss sie sich erarbeiten, am Ball bleiben, sie wahrhaft wollen, um
letztlich das Mögliche zu schaffen und zu sehen, wie Träume Blüten schlagen.“
(mü)
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Der Singer­Songwriter
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abseits des Sports
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